Nachhaltige Ernährung
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Food Waste: Aktuelle Zahlen, Projekte und Tipps zur Vermeidung

Food Waste / Frisches Baguette in einem Mülleimer auf der Straße – Symbol für Lebensmittelverschwendung im Alltag
Gastbeitrag von Carlos Link-Arad

Stell dir vor, jeder von uns würde pro Jahr eine ganze Badewanne voll Lebensmittel wegwerfen – unfassbar? Genau das passiert in Deutschland.

Millionen Tonnen an eigentlich noch genießbarer Nahrung landen jährlich im Müll, während gleichzeitig Ressourcen verschwendet und Klimaziele untergraben werden.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Immer mehr Menschen, Initiativen und Unternehmen setzen sich aktiv dafür ein, diese Verschwendung zu stoppen.

Wie hoch ist der Food Waste in Deutschland?

Wenn du in deinem Haushalt 75 Kilo Lebensmittel pro Jahr wegwirfst – bist du dann die Ausnahme oder die Regel? Tatsächlich bist du damit ziemlich genau der Durchschnitt in Deutschland. Und das macht die Dimension des Problems deutlich: 10,8 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle fallen hierzulande jedes Jahr an (Stand 2022).

Diese Zahl umfasst alles – von verdorbenen Resten aus dem Kühlschrank bis hin zu nicht essbaren Teilen wie Obstschalen, Knochen oder Kaffeesatz. Doch laut älteren Schätzungen des WWF Deutschland könnten es sogar über 18 Millionen Tonnen sein – fast ein Drittel des gesamten Nahrungsmittelverbrauchs in Deutschland, der bei rund 54,5 Millionen Tonnen liegt. Erschreckend: Fast zehn Millionen Tonnen davon wären laut Schätzungen vermeidbar.

Wer ist verantwortlich für all das? Die Antwort ist unbequem, aber schwer zu ignorieren:

Private Haushalte sind mit Abstand die Hauptverursacher. Ganze 58 % der Abfälle entstehen in deutschen Küchen – das entspricht 6,3 Millionen Tonnen.

Zum Vergleich:

  • Außer-Haus-Verpflegung (Kantinen, Restaurants, Cafés): 2,0 Mio. Tonnen (18 %)
  • Lebensmittelverarbeitung (z.  Molkereien, Bäckereien): 1,6 Mio. Tonnen (15 %)
  • Handel: 0,8 Mio. Tonnen (7 %)
  • Primärproduktion (also direkt beim Bauern): 0,2 Mio. Tonnen (2 %)

Was werfen wir eigentlich weg?

Am häufigsten frisches Obst und Gemüse – rund 35 %. Diese verderben besonders schnell oder werden weggeworfen, weil sie nicht mehr „schön“ aussehen. Auf Platz zwei folgen Brot und Backwaren (13 %), dann Getränke (12 %) und Milchprodukte (9 %). Oft ist der Auslöser ein abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum oder schlichtweg falsche Lagerung.

Wenn du wissen willst, wo du ansetzen kannst: Der Durchschnittsverbraucher wirft 74,5 bis 78 Kilogramm Lebensmittel im Jahr weg. Das sind mehr als 200 Gramm am Tag – fast eine ganze Portion pro Kopf. Dabei lässt sich ein Großteil davon problemlos vermeiden. Wer mit Einkaufslisten plant, Reste kreativ verwertet und „hässliches Gemüse“ bewusst kauft, trägt aktiv zur Lösung bei.

Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung: Das passiert schon

In Deutschland passiert viel gegen Food Waste. Die Bundesregierung, Ehrenamtliche, Schulen, Städte und viele Initiativen arbeiten daran, dass weniger Lebensmittel in der Tonne landen. Und du kannst überall anknüpfen.

Seit 2019 verfolgt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein klares Ziel: Bis 2030 sollen die Lebensmittelabfälle halbiert werden. Diese sogenannte „Nationale Strategie“ richtet sich an alle – von der Landwirtschaft über den Handel bis zu den Haushalten. Teil davon ist auch die Kampagne „Zu gut für die Tonne!“, die mit Rezepten, Aktionen und einer praktischen App Verbraucherinnen und Verbraucher beim Sparen unterstützt. Jedes Jahr ruft das BMEL im Herbst zu einer bundesweiten Aktionswoche auf, an der Schulen, Städte, Unternehmen und Vereine teilnehmen.

Für Unternehmen gibt es seit 2025 die Kompetenzstelle KLAV, die als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund ums Thema Lebensmittelverluste fungiert – mit praktischen Angeboten wie Schulungen, Checklisten oder direkter Beratung. Parallel haben sich im Pakt gegen Lebensmittelverschwendung große Handelsunternehmen wie Lidl, Netto, Edeka oder Kaufland dazu verpflichtet, ihre Abfälle bis 2030 um die Hälfte zu senken. Erste Auswertungen zeigen bereits Erfolge: Bei vielen Partnern sind die Mengen um 24 % gesunken.

Ehrenamtliche Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung in Deutschland

Einen enormen Beitrag leisten auch ehrenamtliche Bewegungen wie foodsharing. Hier retten über 167.000 Freiwillige überschüssige Lebensmittel aus Betrieben und verteilen sie kostenfrei weiter – unter anderem über mehr als 1.300 Fairteiler, also offene Kühlschränke oder Regale. Seit der Gründung wurden so mehr als 7,8 Millionen Kilo Lebensmittel bewahrt. Die Initiative arbeitet eng mit den Tafeln zusammen, die jährlich rund 265.000 Tonnen retten und an Bedürftige weitergeben. Möglich wird das durch ein beeindruckendes Netzwerk aus 960 Organisationen und 60.000 Ehrenamtlichen.

Verschiedene Akteure schließen sich zudem im Bündnis Lebensmittelrettung zusammen, darunter foodsharing, WWF, Too Good To Go, SIRPLUS und andere. Gemeinsam setzen sie sich für politische Veränderungen ein, etwa bessere rechtliche Bedingungen für das Spenden von Lebensmitteln.

Auch in der Bildung bewegt sich etwas. Der Verein RESTLOS GLÜCKLICH bringt Kindern und Erwachsenen bei, wie man bewusst mit Lebensmitteln umgeht – in Kochworkshops, Schulprojekten oder sogar mit einem Kinderbuch. Slow Food Deutschland organisiert seit Jahren kreative Mitmachformate wie Schnippeldiskos oder Aktionstage unter dem Motto „Teller statt Tonne“. Und die Initiative „Wirf mich nicht weg!“ bringt das Thema jedes Jahr in rund 50 Grundschulen – mit Unterricht, der Kindern zeigt, warum ein Joghurt nicht sofort schlecht ist, nur weil das Datum abgelaufen ist.

Meine 5 besten Tipps gegen Lebensmittelverschwendung

Du willst weniger wegwerfen und mehr aus deinen Lebensmitteln machen? Dann fang mit diesen fünf einfachen, aber wirkungsvollen Schritten an:

  • Kaufe nur, was du wirklich brauchst: Klingt für manche trivial, macht aber einen riesigen Unterschied. Mit einem Einkaufszettel – am besten auf Basis eines Wochenplans – kaufst du gezielter ein. Spontaneinkäufe führen oft zu übervollen Kühlschränken und vergessenen Lebensmitteln im hintersten Eck.
  • Verstehe das Mindesthaltbarkeitsdatum richtig: „Mindestens haltbar bis“ heißt nicht „sofort schlecht ab“. Viele Lebensmittel sind auch nach dem Datum noch einwandfrei – vor allem Trockenwaren, Joghurt, Käse oder Getränke. Verlass dich auf deine Sinne: anschauen, riechen, probieren.
  • Lagere Lebensmittel passend: Nicht alles gehört in den Kühlschrank: Tomaten verlieren dort ihr Aroma, Brot wird schneller trocken. Kartoffeln, Zwiebeln und Äpfel mögen es kühl, aber nicht zu kalt. Wer seine Vorräte kennt und richtig lagert, wirft weniger weg.
  • Kreativ mit Resten umgehen: Was übrigbleibt, ist oft der Anfang für etwas Neues: Reis wird zum Bratling, altes Brot zur Ofenschnitte, Gemüse zu Suppe oder Auflauf. Reste zu verwerten macht nicht nur Sinn, sondern oft auch Spaß – und spart Geld.
  • Teilen statt wegwerfen: Zu viel gekocht oder eingekauft? Frag Nachbarn, nutze Foodsharing-Angebote oder Fairteiler in deiner Stadt. Auch kleine Mengen können für andere wertvoll sein. Essen sollte verbinden – nicht im Müll enden.

Seit ich diese fünf Tipps im Alltag befolge, landet viel weniger im Müll – und das fühlt sich richtig gut an. Ich kaufe bewusster ein, plane besser und muss seltener Lebensmittel entsorgen. Vor allem das kreative Kochen mit Resten hat mir gezeigt, wie viel noch möglich ist, bevor etwas schlecht wird.

Es spart Geld, schont Ressourcen und macht sogar Spaß. Klar, es klappt nicht immer perfekt – aber jede Mahlzeit, die nicht im Müll landet, ist ein kleiner Erfolg.

Der Autor

Carlos Link-Arad

Carlos Link-Arad

Ich bin leidenschaftlicher Hobbykoch mit einem Herz für Nachhaltigkeit. In meiner Küche landet nur, was wirklich gebraucht wird – denn ich setze mich aktiv gegen Lebensmittelverschwendung ein.

Ob Zero-Waste-Rezepte, kreative Resteverwertung oder nachhaltiger Alltag: Ich teile hier meine Ideen, Erfahrungen und Tipps für ein bewusstes Leben mit Genuss.


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